2-kanaliger Youtube-Livestream der live ins Netz und ins Museum übertragen wurde, Kunstmuseum Solingen, 70. Internationale Bergische Kunstpreis-Ausstellung, Solingen, 2016
-> Link: der „be shareful-Video-trailer” ist übrigens auch auf Vimeo
Text: Cora Faßbender
Seit 2014 bilden Marco Biermann und Tomas Kleiner ein performatives Kollektiv, das versucht, alltägliche Handlungen durch kontextuelle Verschiebungen zu untersuchen. Jene Verschränkung von privatem mit dem musealen, öffentlichen oder in diesem Falle virtuellen Raum, löst ein Irritationsmoment und eine Verschiebung der Wahrnehmung beim Betrachter aus.
Für die Ausstellung im Kunstmuseum Solingen haben sie sich in der Performance „be shareful“ mit dem Thema der Selbstdarstellung im Internet auseinandergesetzt.
Die Präsentation des eigenen Ichs in sozialen Netzwerken und Live-Stream Plattformen ist ein zeitgenössisches Phänomen. Ob es um das Lieblingsrezept, sportliche Erfolge, neue Modetrends oder das eigene Musikvideo geht, das Leben wird live im Internet übertragen und möchte kommentiert und „geliked“ werden. Das Web wird zur Bühne für Jedermann.
Marco Biermann und Tomas Kleiner übertragen zur Vernissage und am ersten Ausstellungstag ihren eigenen Alltag auf der Plattform youtube.com und unternehmen ein Experiment der etwas anderen Selbstdarstellung, das jeder Besucher parallel zur Live-Übertragung im Museum auch ortsungebunden mit der gleichnamigen App auf dem Smartphone verfolgen kann. Entgegen des Event-Charakters des Streams übertragen sie jedoch in ihrem gewohnten Umfeld die unspektakulären Alltagshandlungen, wie Schlafen, Zähneputzen, Frühstücken, Kaffee trinken, Putzen und Wäschewaschen. Diese alltäglichen Abläufe, die normalerweise eher unbewusst stattfinden, werden nun, mit der Live-Übertragung ins Internet, plötzlich zum Hauptthema der filmischen Handlung und bekommen einen inszenatorischen Charakter.
Die Performer interagieren dabei gleichzeitig mit verschiedenen sozialen Räumen und verhalten sich im privaten Raum der eigenen Wohnung zeitgleich auch zum öffentlichen zugänglichen Ort des Museums und dem allerorts abrufbaren Raum des Internets sowie zu deren jeweiligen potenziellen Zuschauern.
Eben jene Schnittstelle zwischen Dokumentation und Inszenierung interessiert sie: Wie verändert eine bewusst aufgenommene Szene aus dem privaten Alltag das eigene Handeln, wenn es im öffentlichen Raum stattfindet? Wie verhält man sich zu seinem Alltag, wenn man beobachtet wird und kann das Alltägliche überhaupt dargestellt werden?
Die Performance wird in einer Zweikanal-Videoinstallation während der Ausstellungsdauer im Kunstmuseum übertragen und im Loop wiederholt gezeigt.
