Unterwasserlebensentwurf, 2018

1-Woche andauernde performative Live-Installation, Düsseldorf, 2018

Eine Woche lang war im Rahmen des Düsseldorfer Akademie-Rundgangs 2018 die von der Provinzial Rheinland Versicherung geförderte Abschlussarbeit “Unter Wasser – Lebensentwurf” der beiden Künstler Marco Biermann und Tomas Kleiner zu sehen.

Das Künstlerduo, das seit 4 Jahren als performatives Kollektiv zusammenarbeitet, und dessen Aktionen u.a im Museum Abteiberg in Mönchengladbach, im Kunstmuseum Solingen oder der Kunsthalle Düsseldorf zu sehen waren, untersucht seit vielen Jahren die Verschränkung von unterschiedlichen sozialen Räumen. Vor allem die Interaktion von öffentlichem und individuellem (Handlungs-) Raum bildet die Grundlage vieler Arbeiten.

Wir setzen uns in unserer Kunst schon länger mit dem Thema Alltag auseinander … und sind eigentlich immer auf der Suche nach geeigneten Rahmen.“

Die performative Handlung der Akteure und das jeweilige Setting unterliegen dabei stets einer strengen Auswahl, denn Gestaltungsmittel der beiden Künstler sind alltägliche, völlig unspektakuläre Tätigkeiten, die häufig im Gegensatz zu den assoziieren Verhaltensmustern der gewählten Räume stehen. Das Spiel mit der Choreografie des Alltags, vor allem aber ihre kontextuelle Verschiebung löst nicht nur Irritationsmomente aus, sondern befeuert auch in besonderer Weise den künstlerischen Diskurs über die Verschränkung von privatem und öffentlichem, von musealem und profanem Raum. Gesellschaftlich festgeschriebene Demarkationslinien werden aufgebrochen, privater Alltag wie Schlafen, Lesen, Essen, Zähneputzen, Putzen oder Wäschewaschen wird öffentlich.

Für die Abschlussarbeit “Unter Wasser – Lebensentwurf” platzierten Biermann und Kleiner  einen 12 Quadratmeter großen und mit 26 000 Litern Wasser gefüllten Tauchcontainer neben den Eingang der Akademie. Ausgestattet mit Druckluftflaschen und Bleigürteln, schwebten die beiden abwechselnd während der Öffnungszeiten des Rundgangs täglich in Straßenkleidung vor den Augen der Öffentlichkeit im selbstinszenierten Setting zwischen Sofa, Stehlampe, Kühlschrank und Wäscheständer und gingen vollkommen alltäglichen Tätigkeiten nach.

Das Setting erinnerte an historische Guckkastenbühnen des 19. Jahrhunderts, wenngleich das gezeigte ‚Stück‘ hier aus scheinbar belanglosen Alltagssequenzen bestand. Allerdings wurde durch die Sichtbarmachung von ‚Lebensalltag‘ in einem Tauchcontainer einmal mehr deutlich, wie kontextuelle Verschiebungen von Ort und Handlung unsere Wahrnehmung verändern, denn banalste Tätigkeiten wurden unter den modifizierten  Rahmenbedingungen zum Balanceakt. Nicht nur die Aufhebung der Schwerkraft und der ständige Auftrieb machten jede noch so kleine Tätigkeit zum Vabanquespiel, sondern vor allem die Versorgung mit Atemluft und die Bewahrung des Wärmehaushalts erschwerten die scheinbare Normalität alltäglichen Handelns.

Auch wenn die Inszenierung des Alltäglichen selbst nicht neu ist, so überraschen Biermann und Kleiner doch stets durch die Art und Weise der Präsentation, denn beide Künstler schaffen allein durch die Wahl des jeweiligen Ausstellungsortes einen spannenden Antagonismus, der die ‚Nicht-Ereignisse‘ des Lebens, die „blinden Flecken der Normalität‘ sichtbar und den Zuschauer zum andächtigen Partizipierenden macht.

Dr. Astrid Legge, Mai 2018

Diese Aktion wurde großzügig gesponsert von:

Privinzial Versicherungen (Hauptsponsor), Stadtwerke Düsseldorf, Tauchverein Tümmler, tauchcontainer.at, Bauhaus und dem Sammlerpaar r+r Dahmen

Wir danken herzlichst für diese Unterstützung!

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